Bonn Bons 5
Die 1984 zum erstenmal ausgerichtete Videonale Bonn zählt zu den bedeutendsten Videofestivals in Deutschland. Neben der Erweiterung um Installations-Ausstellungen und Videoretrospektiven sowie um einen Medienhochschulkongreß bleibt nach wie vor der eigentliche Bänder-Wettbewerb das wichtigste Standbein des Festivals.

1992 wurden über 400 Bänder eingesandt, aus denen 128 Tapes für das Programm juriert wurden. Aus diesem Programm wurden von einer fünfköpfigen Fachjury (Rafael Balina Diaz, Rene Coelho, Regina Cornwell, Michael Maziere, Thomas Schmitt) die Preisträger ermittelt. Der mit 15.000 Mark dotierte Videonale-Preis sowie der erstmalig vergebene WDR-Kulturpreis in der Höhe von 10.000 Mark wurden in diesem Jahr jeweils geteilt.

Im Programm "BONN BONS 5" in der Medienwerkstatt Wien am 26.Mai 1993 um 20 Uhr werden von Silke Johannes von der Videonale Bonn die Arbeiten der Videonale-Preisträger für "richtungsweisende künstlerische Weiterentwicklung des elektronischen Mediums" präsentiert: "THREE SISTERS" von den Sloweninnen Marina Grzinic und Aina Smid sowie "UN CIEN DELICIEUX" vom Amerikaner Ken Feingold. Silke Johannes zeigt ebenfalls die beiden Arbeiten, die den WDR-Kulturpreis für "die Umsetzung eines gesellschaftlich relevanten Themas mit hohem künstlerischen Innovationswert" erhielten: "JERICHO" des Kanadiers Istvan Kantor und "(DIS)INTEGRATOR" des Finnen Juha van Ingen.

Die beiden Auswahlprogramme am 27.Mai 1993 um 13 Uhr an der Lehrkanzel für Kommunikationstheorie und 27.Mai 1993 um 20 Uhr in der Medienwerkstatt Wien zeigen Bänder, die einen Überblick über die verschiedenen inhaltlichen und technischen Tendenzen in der Videoproduktion der letzten Jahre geben.

Thematisch bilden die politisch-gesellschaftskritischen Arbeiten eine Hauptgruppe der videokünstlerischen Auseinandersetzung: Jeanne C.Finleys "Involuntary Conversion" enthüllt mit kühlem Blick die Amtssprache. Ausschließlich den Medien entnommene gesprochene Texte kommentiert, erklärt und ergänzt sie durch dokumentarische und gestellte bilder sowie durch eingeblendete Schrift und einen dumpfen Sound. Durch die gleichberechtigte Wertigkeit der Mitteilungsebenen Bild, Sprache, Schrift und Ton erhält das Band zwar eine extrem komplexe, aber immer fließende Erzählstruktur. Smart Cursors Production arbeitet in "Eine Laus Dein Tod!" auf eine ganz andere Weise. Mit der Verwertung von bildern aus Dokumentarfilmen der Weltkriege, frühen Spielfilmen und Zeichnungen verschiedenster Kulturkreise, wird der gewaltsame Tod durch politischen Wahn thematisiert. Die Aussage ist durch sehr schnelle Schnittfolgen nicht als Erzählung, sondern als visuelles Puzzle für das geistige Auge konzipiert, das sich erst nach dem Zusammenbringen von Bild mit implizierter Bedeutung und anschließender Einbindung in den Gesamtzusammenhang entschlüsselt.
Zu den experimentell-poetischen Videos zählt Ivo Decovics Band. "Leroj" ist eine Collage von bildern und Geräuschen aus Decovics ganz persönlicher Kindheitserinnerung an die entfernte Heimat Kroatien. In anderer Weise poetisch ist "Zagorsk". Terry Flaxton inszeniert hier die spirituelle Regeneration im neuen Rußland und ihre generationsverbindenden Kraft. Das Thema Krankheit und Aids ist schon seit einiger Zeit - besonders in den USA - in den Mittelpunkt künstlerischer Arbeit gerückt. In "Identities" verarbeitete Nino Rodriguez Dokumentarmaterial aus einem Interview mit seinem aidskranken Freund.
Aus dem Bereich Tanzvideos wird Mike Stubbs "Man Act Sweatlodge" gezeigt. Als eine besonders in technischer Hinsicht innovative und möglicherweise zukunftsweisende Arbeit wird Hidenori Ishidas "Brain Stereo High Vision" zu sehen sein. Das Band unternimmt den Versuch, die Zweidimensionalität des Bildschirms ohne optische Hilfsmittel aufzuheben und gibt genaue Anweisung, wie man mit tatkräftiger Unterstützung japanischer Technomusik die computeranimierten bilder dreidimensional sehen kann. Silke Johannes