ESSAY VIDEO

Tibetische Erinnerungen
Manfred Neuwirth
Österrreich 1995, 23:00 min, Surroundton

Im Tibetischen stehen die folgenden 4 Worte für den Begriff Fernsehgerät: Form, Sehen, Atmosphäre, übertragen. Diese schöne Umschreibung möchte ich als Leitmotiv über meine Arbeit stellen. Während meiner Tibet- aufenthalte in den Jahren 1988 bis 1995 ist dieses Notizbuch entstanden. Wenn ich mit einigen Begriffen diese Produktion charakterisieren sollte, dann würde ich folgende Begriffe wählen: Alltägliches, das unglaubliche Licht, die Freude am Gewöhnlichen, der zweite Blick, die Liebe zum Detail, Erinnerungen.
Manfred Neuwirth
In dieser seltsamen Mischung eines gleichzeitigen Einbruchs von Moderne und Propaganda registrieren die "Tibetischen Erinnerungen" allerdings eine erstaunliche Zähigkeit der Tradition. Wie eine hartnäckige Gegenwelt mischen sich religiöse Insignien, traditionelle Rituale und bilder alter Handwerke in den bilderfluß des Alltäglichen: die allgegenwärtigen Glücksbringer; die wohlbekannten sakralen Schriften; das rituelle Memorieren von Gebeten. In der Verlangsamung der Bildbewegung, die weniger das Zeitlupenaufnahmen immanente Pathos betont, sondern die offene Konzentration auf den Bildinhalt fördert, wird dieser Widerstand gleichsam ins filmische Material aufgenommen: die Zeit wird angehalten, um dem Blick mehr Raum zu geben.
Vielleicht auch deshalb die Melancholie, die Neuwirths "Tibetischen Erinnerungen" zu eigen ist: Am Ende der Reise steht jedenfalls ein Abschied: die Fahrt hinaus aufs Land, abends, der Blick zum Horizont. Irgendwo über der Welt.
Constantin Wulff


and the Sphinx thinks...
Gerda Lampalzer
Österreich 1993, 21:00 min

"Was denken diese Versteinerten eigentlich? Können ihre Seelen wirklich fliegen ... sich an jedem Ort der Erde niederlassen, um die Verantwortung für alles Rätselhafte zu übernehmen? Und unterhalten sie sich ... so langsam, daß es nur Eingeweihte verstehen können? Welche Geschichten würden sie uns erzählen, wenn wir sie verstünden?"
Protagonisten einer Reihe von merkwürdigen Geschehnissen sind eine Fotografin, die ihren maritimen Fantasien nicht entkommen kann, und ein Wissenschaftler, der sich auf das Aufspüren von Mischwesen spezialisiert hat. Beiden stößt die seltsame Tatsache zu, daß sich auf ihren Polaroids bilder entwickeln, die sie gar nicht fotografiert haben. Spätestens, als sie - gemäß der ihnen eigenen Art - versuchen, den Spuren nachzugehen, wird auch der Zuschauer in das Rätsel verwickelt, wer nun welche Geschichten erzählt und welchen Medien noch zu trauen ist.


Japanische Briefe
Eva Brunner-Szabo
Österreich 1995, 18:33 min

Eine kleine Gemäldesammlung - ein Cabinet d´amateur.
Gemälde, Fotografien, Exotika und Naturalia - über Generationen Gesammeltes. Fragmente fremder Welten, zusammengesetzt und inszeniert.
Es sind die Begierden des Sammelns, die die Objekte zusammenführen. Ihrem raumzeitlichen Kontext entrissen, werden sie zum Fetisch der Inszenierung und Betrachtung. Und erst im musealen Rahmen öffnen sich die Objekte, zeigen ihr Innenleben. Im Gefüge des musealen Nebeneinander von Zeiten und Räumen ist die Deutung assoziativ. Durch die Dialektik von Gefundenem und Erfundenem bekommt das historische Fragment Form und Inhalt, das Spekulative Berechtigung.
Während seines Aufenthaltes im Jahre 1922/23 in Wien schrieb der japanische Arzt und Dichter Saito Mokichi Essays über Österreich. Seine Augen suchten und sammelten das Alltägliche und Exotische, Betrachtungen eines Fremden. In seinen Texten liest sich die Vorahnung von Krieg und Vernichtung. Eine konstruierte Fotografie verdinglicht fünf seiner Texte, positioniert sie im Ambiente eines Kunstkabinettes und schafft den Rahmen für das Eindringen der Kamera in die überlieferten Texte, welche dadurch selbst ein "multimediales Kunstkabinett" kreieren.
Das im Videobild festgehaltene Museum, ein ´dokumenta- risches´und ´fiktives´ Kunstkabinett zugleich, beheimatet Wahrheit und Lüge, und der Gegensatz von Dokumentation und Fiktion wird obsolet.
Gert Tschögl
"Kein Film im gebräuchlichen Sinn des Wortes, eher schon ein multisensualer Versuch in Sachen Video." Michael Omasta, Falter 3/96



ART VIDEOS

Pas de Tango
Michael Langoth
Österreich 1989, 5:36 min

Grundlage dieser Arbeit ist ein Doppelschritt, zerlegt in 8 Bewegungsphasen. Das Bildmaterial ist - wie die Musik - in Takte, Viertelnoten (= Schritte) und Sechzehntelnoten strukturiert. Die Einzelbilder werden wie "optische Samples" behandelt und nach musikalischen Ordnungsmustern gereiht. Dabei wurde die Anzahl der Phasenbilder möglichst reduziert gehalten, und mit den gleichen bildern wurden immer neue Schleifenmuster erzeugt.
Das Video ist aber auch ein Spiel mit verschiedenen Reproduktionstechniken: Video, Film und Fotografie.


Paranormaler Panoramamaler
Manfred Oppermann
Österreich 1994, 3:50 min

Paranormaler Panoramamaler,
Panonormaler Pararamamaler,
Panoramaler Paranormamaler,
Pararammaler Panonoramaler,
Parararmaler Panonomamaler,
Pananoamaler Parorrammaler,
Parorramaler Pananoammaler,
Pananammaler Parorroamaler,
Paroramaler Pananormamaler,
Paranarmaler Panoromamaler,
Pananormaler Paroramamaler,
Paranamaler Panorormamaler.


The Drift of Juicy
Ursula Pürrer
Österreich1989, 10:00 min

Eine mögliche Inszenierung von Räumen - künstliche Orte, in denen die Gesetze - physikalischen, sozialen oder kulturellen Ursprungs - erweitert, verschoben, mißachtet, pervertiert oder transformiert werden. Die Verkabelung zwischen hier und dort - Außenwelt und Innenraum - definiert ein Kommunikationssystem, das eine fünfte Dimension beinhaltet.
Und die Protagonistin - sie erkämpft, erblickt, verschlingt und markiert ihren Raum innerhalb des Systems. Zwei Linien werden verfolgt:
1. die reflexive Struktur einer Erzählung mittels Vorschau, Rückschau und einzelnen Frames, die immer wieder ganze Teile in sich zusammenfassen und
2. die Entwicklung einer Sprache in diesem Kommunikationssystem, die die Möglichkeit hat, sinnliche und leidenschaftliche Ideen der Benützerin zu transportieren.
Österreichischer Videokunstförderungspreis 1990

Splash
Ilse Gassinger
Österreich 1989, 1:30 min

Nasse Körper in nassen roten Kleidern, blaues Wasser. Energische Musik und fast jeder Takt ein Schnitt.


ES
Gerda Lampalzer
Österreich 1994, 4:19 min

Auf dem Schiff durch die Nordsee. Ist Schwangerschaft ein Sprung ins kalte Wasser? " Ich schwimme im Schwimmbad. Das Becken öffnet sich nach unten und ich gleite durchs Wasser in ein nächstes Becken. Ich schwimme weiter und das Becken öffnet sich schon wieder. Mehrere Male wiederholt sich diese Zermonie." (Geträumt mit 6 Jahren)


O-Fortuna
Karin Berger
Österreich 1995, 3 min

Ein kleiner Einblick in die großen Gefühle. Die erste Minute des Filmes (auf Super 8 gedreht) entstand anläßlich der bevorstehenden Geburt meiner Tochter, der zweite Teil anläßlich des Lebens mit ihr.


Die Zeit, junger Mann, hat uns beiden eine Lektion erteilt
Robert Woelfl
Österreich 1988, 6:30 min

Ein Videoessay (ironisch betitelt mit einem Zitat von Plutarch aus den vitae parallele) steht am Ende einer Auseinandersetzung mit den Spiel, pornographisches Bildmaterial in einen öffentlichen Raum einfließen zu lassen, um zu sehen, wie es sich - überraschend an einem keinesfalls dafür vorgesehenen Ort präsentiert - unter den Augen einer aufgeklärten, bürgerlich-liberalen Öffentlichkeit verändert. Das heißt, ob es aus dem hermetischen und verdunkelten Raum eines als schmutzig und unwissenschaftlich abgetanen pornographischen Diskurses auszubrechen vermag, um mit dem Betrachter einen möglichen Dialog (abseits einer sexuellen Stimulation) über die eigene Bildsprache zu entwickeln. In der filmischen Reflexion dieses Spiels reihen sich bilder der Gewalt, des Schreckens, der Demütigung an solche der Trauer und dem verzweifelten Suchen nach einem Ort, der näher am Glück liegt.


The End of the Gang of Four
Manfred Neuwirth
Österreich 1993, 2:40 min

Optische Speicherung in meinem Gedächtnis:
15 Jahre nach einer Reise nach China taucht öfters ein Bild auf: Kinder bewerfen bilder von entmachteten Politikern mit Bällen - das Ende der "Viererbande".


War Requiem. Liebe & Anarchie III
Eva Brunner-Szabo
Österreich 1994, 1:50 min, Stereo

Bosnien. Kroatien. Serbien. - Photographie des Krieges.
Eine Totenmesse für den Krieg, der nur scheinbar für kurze Zeit zu Ende geht.
War Requiem besteht aus 3 Ebenen:
Der Tonspur - Krieg in seiner abstrakten Form.
Der Bildebene - Krieg in seinen realen Auswirkungen.
Den Einsprengsel - die seelischen Verletzungen meinerseits.
Das Grundgerüst des Videos auf das alle weiteren Ebenen rekurrieren sind die 6 Tonspuren, die zuerst zustande gekommen sind. Dies deshalb, weil sie die wichtigste Ebene des Videos darstellen. In ihnen ist schon alles angelegt, was man auch sehen kann, man braucht nur die Augen zu schließen, um das Grauen zu erleben.
War Requiem gehört zur Serie Liebe & Anarchie, einer Serie, in der ich zu Visualisieren versuche, was ich auf sprachlicher Ebene nicht lösen kann.


Experten
Manfred Neuwirth
Österreich1986, 1:30 min

Im Medienraum der Hyperinformation ent-äußern sich Atomexperten. Es rauscht der Kontrollschirm.


Going Nowhere Fast
Anna Steininger
Österreich 1993, 10 min

Methode und Willkür, Ordnung und Zufall. Jede dieser Positionen wurde abwechselnd sowohl einer menschlichen als auch einer maschinellen Instanz überantwortet. Die damit verbundene Abgabe eines denkenden Auges ermöglichte die Überschreitung diskreter Erzählkapseln in eine potentiell unaufhörliche Regenerierungsbewegung, eine "quantum fluctuation".


Exposed
Ilse Gassinger
Österrreich 1988/89, 8:00 min

Hommage an das private Bildarchiv der Retroerinnerung. "Wenn eine eine Reise tut, dann hat sie was zu zeigen..."
Österreichischer Videokunstförderungspreis 1989


Culture Clash - Culture Flash
Eva Brunner-Szabo
Österreich 1995, 1 min

Mit dem Akt der Ablichtung fremder Welten, entlarvt sich die eigene Anwesenheit als exotisch.

Deutschland 1995: Künstler suchen Ostereier
Gerda Lampalzer,
Manfred Oppermann
Österreich/Brd 1995, 1min

Ein Besuch in Halle bietet die Gelegenheit, einen alten Brauch aus der Kindheit wieder aufleben zu lassen. Wir navigieren ruckelnd mit der uns eigenen Himmelsrichtungen im Garten und sammeln Ostereier.