"...GIVE YOU SEX!"
Das Programm:
WHAT IS THE RELATIONSHIP BETWEEN ROSA VON PRAUNHEIM AND THE MALE STRIPPERS
IN SAN FRANCISCO 15 min, 1990
MAYBE I CAN GIVE YOU SEX? Part III, 1992
ER HAT 'NE GLATZE UND IST RASSIST, ER IST SCHWUL UND EIN FASCHIST, 26 min,
1994
BLUT, 27 min, 1998
Jürgen
Brüning bewegt sich in Grenzbereich des schwulen Lebens - nicht ohne gewisse
Ironie, vielleicht auch Zynismus. In "What is the relationship...." läßt
er die Ikone des deutschen schwulen Films, Rosa von Praunheim, oder die deutscher
Ikone des schwulen Films, Rosa, über die SUB reden und konterkariert das
mit Aussagen schwuler Stripper in San Francisco, die über ihre Arbeit,
über ihr Geschäft reden: eine sehenswerte, amüsante menschliche
(filmische) Miniatur.
Männliche Prostitution und Sextourismus ist das Thema von "Maybe I can
give you sex?". Bei den Geschichten, die hier erzählt werden verschwimmen
die Grenzen zwischen Prostitution, Liebe und Sex. Die Geschichten "spielen"
in Thailand und auf den Phillipinen. Und eine schwule Identifikation, die dem
westlichen Minderheitenmodell entsprechen würde, gibt es dort nicht. Der
Film stellt in jedem Fall mehr Fragen, als er beantwortet, ein Dokument, das
noch lange im Kopf nacharbeitet.
Das soziale Umfeld hat Jürgen Brüning in seinem Video ER HAT 'NE
GLATZE UND IST RASSIST - ER IST SCHWUL UND EIN FASCHIST zum Ausgangspunkt
genommen. Es ist eine Annäherung an das unter Homosexuellen existierende
Phänomen der Faszination für Skinheads. Dahei kommen die ,Betroffenen'
selbst zu Wort und versuchen Erklärungen zu gehen. Die politische Dimension
wird dabei scheinbar heruntergespielt, wenn immer wieder auf den Reiz des martialischen
Aussehens und die markante Männlichkeit der Skinheads hingewiesen wird.
Hier stehen die Skins in der Tradition früherer Schwulen-Idole wie Matrosen,
Bauarbeitern oder Ledermännern. Brüning legt aber auch eine andere
Tradition offen: Ausschnitte aus einem Leni-Riefenstahl Film stellen Bezüge
zum faschistischen Körperkult her.
Brüning nutzt die Form der Montage, um seinen eigenen Standpunkt zu verdeutlichen
und gleichzeitig ästhetisch zu überzeugen. Inszenierte Spielszenen
vor gemaltem Hintergrund wechseln ab mit schwarzweißen Filmaufnahmen und
Interviews und geben dem Video seinen Collage-Charakter. Der Film endet (?)
mit Brecht: ,,Be careful what kind of skin you pull back, you never know what
kind of head will appear" (Bertolt Brecht).
Reale Stories mischt und inszeniert Brüning zu seinem neuesten Werk zu
"Blut". Die Ingredienzien: ein Inserat, in dem eine Mann eine SM-Beziehung
bis zur Kastration sucht, ein Mordfall, SM-Gelüste/Phantasien und der langsame
Tod einer Drogensüchtigen. All diese Zutaten verdichten sich in Brünings
jüngstem und in Österreich noch nie gezeigtem Film zu einer tour de
force zum Thema Sex-Schmerz-Tod. Es wird so dicht, daß man sterben können
wollte. "Liebe kann so weh tun" skandiert die Sängern mitten im Film, und
meint damit auch Liebesentzug, meint damit auch eine Bestandsaufnahme des Lebens.
Wir sehen (und hören) eine Drogensüchtige langsam verrecken bis zum
Tod - in cleanen bildern - streng in Szene gesetzt. Wir sehen (und hören)
die SM-Zeremonie zweier Männer von einem Monitor (in dreckigen bildern
abgefilmt) - bis .... ja bis wohin ... wir werden durch Brünings Laufzeile,
die ununterbrochen präsent ist, daran erinnert, wer uns (zum großen
Teil) zu dem gemacht hat, wer wir sind. Lakonischer Vorspann: "Mit freundlicher
Unterstützung von..." - und dann geht sie los, die endlose ,Sponsorenliste'
des Lebens.....
Was Brünings Filme so spannend macht, ist unter anderem, daß er Themen
und Tabus anspricht, die wir im schwulen Leben meistens verweigern und auch
als Teil des "normalen" Lebens ignorieren. Walter Hiller